Auszüge aus der Online-Ausgabe „Die Welt“
vom 16.02.2015 mit anschließendem Kommentar
von VIDI
1.Griechische Schuldenkrise:
2. Hans-Werner Sinn über Europas Zukunft
und Jürgen Stark, langjähriger Chefvolkswirt der EZB,
verließ die Bank, weil er deren Kurs nicht mehr
mittragen konnte.
„Die Tarnung wird zusammenbrechen, wenn
die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen
wollen, also in etwa 10-15 Jahren. Dann
werden wir bemerken, dass unsere Ersparnis im
Euro-Abenteuer verspielt wurde“.
zu 1. Spieltheoretiker Christian Rieck
Im Schuldenstreit mit Athen wird oft von einem „Poker“
gesprochen. Griechenlands Finanzminister
Yanis Varoufakis sei ein Ökonom, der sich mit der
Spieltheorie auskenne, sagt Christian Rieck im
heute.de-Interview…
…Christian Rieck: (´1`)Mir kommt es vor, als spiele er
mit uns das Hasenfuß-Spiel, indem er als Geisterfahrer
auf uns zurast und ausprobiert, wer zuerst ausweicht.
Dummerweise haben wir uns vor diesem Rennen ein teures
neues Auto gekauft, wogegen er eine alte Rostlaube fährt.
Deshalb haben wir viel mehr zu verlieren als er…. Wir haben
weiters …die vielen „Rettungs-„Verpflichtungen,
die wir inzwischen eingegangen sind.Spieltheoretiker
Christian Rieck ….
Was macht C. Rieck?
Christian Rieck (Jahrgang 1963)ist Professor für
Finance und Wirtschaftstheorie an der
Frankfurt University of Applied Sciences.
Der Wirtschaftswissenschaftler war ein Schüler von Reinhard
Selten, der für seine Leistungen im Gebiet der Spieltheorie
gemeinsam mit anderen mit dem Wirtschafts-Nobelpreis
ausgezeichnet worden ist. Rieck veröffentlichte 1992 eines
der ersten Lehrbücher über die Spieltheorie. Der Professor
bildet auch Lehrer und Manager in der Spieltheorie aus….
Ob es da Strategien gibt ?
Rieck: Er nutzt aus, dass unsere Verpflichtungen weiterhin
bestehen bleiben, auch wenn er seine nicht einhält.
Das konnte man auch schon wissen, bevor wir uns
verpflichtet haben. Dummerweise wollte
es damals niemand hören.
Ob Griechenland zu sanieren ist erklärt Rieck mit der Frage..
… Wenn Sie eine Million Schulden hätten, was würden
Sie eher versuchen: Eine Privatinsolvenz oder die
Schulden brav zurückzuzahlen? Würde es sie allzu sehr
stören, wenn Ihr reicher Nachbar eine Bürgschaft
übernommen hätte?
Die richtige Frage hier lautet nicht, kann sich Griechenland
sanieren, sondern hat es einen Anreiz, es zu tun? So wie die
Dinge stehen, gibt es keinen Anreiz, es aus eigener Kraft
zu tun.
Rieck: Natürlich. Zumal ja keiner der Konstruktionsfehler
des Euros beseitigt wurde. Schlimmer noch:
Die Änderungen gingen in die falsche Richtung, wurden
aber zugleich durch Rettungsschirme getarnt. Das wird
zu noch größeren Problemen in der Zukunft führen.
heute.de: Wenn Sie mal den Blick auf die
Eurogemeinschaft weiten: Kann die Spieltheorie die
aktuellen Probleme erklären?
Rieck: Wir haben mit dem Euro Regeln geschaffen,
bei denen die einzelnen Teilnehmer ihren
Mitspielern Schwarze Peter unterjubeln können.
Es ist nicht schwer vorherzusagen, wie sich
die Spieler beim Schwarzen Europeter verhalten werden.
Während normalerweise aber nur eine schwarze Karte
im Umlauf ist, entstehen im Euro-Spiel
immer mehr.
Rieck weiter: ….
….Durch die Rettungsschirme verschleiern wir
die negativen Wirkungen der heutigen
Entscheidungen, sodass das Schlamassel noch für
einige Jahre getarnt bleibt. Die Tarnung wird
zusammenbrechen, wenn die geburtenstarken
Jahrgänge inRente gehen wollen, also in etwa
10-15 Jahren. Dann werden wir bemerken, dass
unsere Ersparnis im Euro-Abenteuer verspielt wurde.
Das Interview führte
Jan-Ole Kraksdorf
INFOS-NEWS brachte Auszüge davon.
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zu 2.Hans-Werner Sinn und
Jürgen Stark über
Europas Zukunft
Wie lange überlebt der Euro noch?
„Deutschland steht vor einer
Staatskrise“
Der Ex-Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank,
Jürgen Stark, stellt das neue Buch von Ökonom
Hans-Werner Sinn vor.(„Im Euro gefangen“)
Der Termin gerät zu einer fulminanten
Abrechnung mit der Euro-Rettungspolitik.
Hans-Werner Sinn, Präsident des Ifo-Institutes,
sieht die EZB aufdem falschen Weg .
…..in Berlin-Mitte saß einst die Handelskammer
der DDR, die sich zu Beginn des neuen Staates
im Osten noch einen kleinen Teil Privatwirtschaft
organisierte. Doch schnell musste die IHK einer
planwirtschaftlichen Stelle Platz machen. Genau
das ist laut Stark und Sinn auch in Europa passiert:
Im Zuge der Euro-Rettung wurde die Privatwirtschaft
durch die Planwirtschaft ersetzt – mit
verheerenden Folgen für alle Bürger in Europa.
Jürgen Stark,
langjähriger Chefvolkswirt der
EZB, verließ die Bank, weil erderen Kurs nicht
mehr mittragen konnte Stark lobte, das Buch
von Sinn habedas Zeug zum „internationalen
Bestseller“. Bei der Analyse der Euro-Krise
ist Stark mit Sinn ganz einer Meinung:
Zunächst hätten Deutschland und Frankreich
2003 den Stabilitätspakt aufgeweicht. „Damit war
Maastricht von Anfang an erschüttert“, sagte
Stark. „Und dann hat der erste Stresstest gleich
zu einer Zerstörung wichtiger Pfeiler des
Maastricht-Vertrags geführt.“
Umbau zur Schuldenunion Denn in der Krise sei gegen
mehrere Prinzipien verstoßen worden: gegen
das Verbot, Staaten zu retten. Gegen das Verbot der
monetären Staatsfinanzierung durch die Notenbank.
Und gegen das Prinzip, dass Banken auch
pleitegehen müssen. „Es scheint fast, als hätten
interessierte politische Kreise nur auf die erste Krise
gewartet, um einen Totalumbau der Euro-Zone hin
zu einer Schuldenunion vorzunehmen“, sagt Stark
mit Blick auf den Süden Europas. Die
Euro-Zonemüsse sich die Frage stellen, „wie
man mit schwarzen Schafen umgeht, wenn die
schwarzen Schafe in der Mehrheit sind“.
Nun stecke der Kontinent im bekannten Schlamassel:
Zombie-Banken sind fatalerweise noch am Leben.
Die nötigen Reformen finden nicht statt,
weil die Politik sich auf dem billigen Geld der Notenbank
ausruhen kann. Schlüsselstaaten wie Frankreich und
Italien seien „reformunwillig und reformunfähig“,
sagte Stark.
Europa habe deshalb seit Ausbruch der Finanzkrise
2008 bereits sechs Jahre verloren. „Das Gute daran ist:
Wenn man in Europa von einer verlorenen Dekade
spricht, haben wir schon 60 Prozent geschafft“,
sagt Stark zynisch. Dann verglich er das heutige Europa
noch mit Lateinamerika in den 80er-Jahren.
Sinn stand seinem Laudator in nichts nach –
und toppte Stark in Sachen düstere Prognosen noch.
„Europa drohen zwei verlorene Jahrzehnte“, sagte er.
Denn schon vor Ausbruch der Krise 2008 habe der Euro die
Zinsen im Süden Europas gedrückt -für Sinn der
entscheidende Grund, warum der Süden heute so wenig
wettbewerbsfähig ist. Deshalb sei auch die Zeit nach der
Schaffung des Euros ein verlorenes Jahrzehnt.
Hollande liebt nur Merkels Geld
Sinn ging noch weiter. „Der Euro als Friedensprojekt
hat nicht funktioniert.“ Nie habe es so viel
Streit gegeben wie heute. Der Top-Ökonom
bezeichnete die Gemeinschaftswährung als
„integrationsfeindlich“. Dafür zog der Chef des Münchener
Ifo-Instituts folgende Metapher heran: Man stelle sich vor,
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)
liebt Frankreichs Präsident François Hollande. Die beiden
wollen heiraten. Hollande liebt aber in Wahrheit nur
Merkels Geld. Nun stehe Merkel vor der Frage,
ob sie in einer Gütergemeinschaft ihr Geld schon vor
der Heirat Hollande gebe. „Wenn das der
Fall ist, findet die Heirat nicht mehr statt“, sagte Sinn.
Genauso werde es auch in Europa sein. Der Kontinent
werde politisch nicht zusammenwachsen, wenn er
vorher zu einer Schuldenunion umgebaut wird.
Als einen zentral Verantwortlichen für die Malaise in
Europa sehen die beiden die EZB, respektive ihren
Präsidenten Draghi. „Herr Draghi setzt den Ton und
regiert durch“, sagte Stark. Draghi hatte 2012
angekündigt, „alles zu tun“, um den
Euro zu retten.
Stark, der 2012 aus Frust über den Kurs der Notenbank das
Handtuch als EZB-Chefvolkswirt geworfen hatte, sieht vor
allem die Gefahr, dass Draghi durch seine ständigen
Ankündigungen von Wertpapieraufkäufen am Ende
keine Wahl mehr bleibt, als Staatsanleihen aufzukaufen.
EZB außer Kontrolle
Ob das einfach nur eine falsche oderaber eine bewusste
Strategie Draghis ist, ließ Stark offen. „Die Aufkäufe
von ABS-Papieren und Covered Bonds werden jedenfalls
allein nicht reichen, um die Märkte zufriedenzustellen.
Deshalb wird man am Ende beim Kauf von Staatsanleihen
landen“, sagte Stark. Diese Politik sei „kurzfristiger
Aktionismus. Mittelfristige Orientierung spielt überhaupt keine
Rolle mehr. Die Notenbank missbraucht ihre Unabhängigkeit
und begibt sich dadurch selbst in Gefahr“, sagte Stark.
Auch Sinn hält die Mittel der EZB“nicht für geeignet“, Probleme
wie eine angeblich drohende Deflation zu lösen, und forderte
die Bundesregierung auf, gegen die Politik der Notenbank
vorzugehen. Denn nachdem schon nach
Gründung des Euro viel Kapital in unsinnigen Anlagen
verloren worden sei, drohe nun wegen der
Geldschwemme der EZB
„die nächste Kapitalvernichtung“, so Sinn.
„Schon jetzt läuft Deutschland in 15 Jahren, wenn
die Babyboomer in Rente gehen, auf eine Staatskrise zu.
Wenn da noch die Rettungspolitik oben draufkommt, bei der
die Risiken von Investoren auf die Bürger
umgelenkt wurden, wird das
Problem noch größer“, so Sinn.
Schuldenschnitt und Schluss mit den
„goldenen Kreditkarten“ Der Ökonom präsentierte drei
Vorschläge aus seinem Buch, wie Europa aus der
Krise kommen könnte:
Erstens müsse eine große Schuldenkonferenz
einberufen werden, auf der Schuldenschnitte für die hoch
verschuldeten Euro-Staaten beschlossen werden müssten.
Zweitens müsse das „System der goldenen Kreditkarte“ für
nationale Notenbanken beendet werden. Damit meint Sinn das
komplizierte Problem der sogenannten „Target-Salden“,
über die sich nationale Notenbanken nach Sinns Meinung
selber Geld drucken können. Drittens müsse die Euro-Zone
zu einem „atmenden Währungsraum“ werden,
in dem der Euro die dominierende Währung ist, aber auch
andere Währungen möglich seien undsich Krisenländer mit
einer eigenen Währung an den Euro koppel können.
Außerdem plädiert Sinn dafür, aus Europa eine
Konföderation nach dem Vorbild der Schweiz zu machen.
Sinn erwartet allerdings nicht, dass diese Reformen kommen
werden. „Ich erwarte eine Fortsetzung
der Kapitalvernichtung mit langjährigem Siechtum.“
Stark versuchte am Ende noch, wenigstens etwas Optimismus
zu verbreiten. Irland immerhin habe doch die Kurve bekommen.
Das zeige, dass sich ein Land aus der Krise herausarbeiten
könnte.
Deshalb hätte er an Sinns Stelle auch einen anderen Buchtitel
als „Gefangen im Euro“ gewählt. Sinn
hielt dem allerdings entgegen: Irland habe es aber auch leichter
gehabt als andere Krisen-Staaten.
Kommentar von VIDI
Der Ex-Chefvolkswirt der
Europäischen Zentralbank, Jürgen Stark, und Ökonom
Hans-Werner Sinn Wirtschaftsforschungsinstitut München
haben gesprochen.
Bei genauem Studium beider Meinungen
sagt uns Christian Rieck, daß sich Europa in die
schwächere Position durch die Rettungsschirme für
Griechenland gebracht hat (Spieltheorie) und
Jürgen Stark sowie Hans-Werner Sinn meinen, daß die
Veränderung der Maastricht-Kriterien zum Zusammenbruch
des Währungssystems der Europäischen Union führen werden.
Die Bürger werden dafür haften.
Kommentar von VIDI